Unabhängige Studierende Leipzig

Mit Beitrag vom 13. Februar 2024 wurde bereits auf die Problematik des neuen Semestertickets hingewiesen. Mit Beitrag vom 4. April 2024 zusätzlich auf die besonders widrige Situation für Studierende mit Kindern.

Für das neue Semester findet Ihr hier ein neues, aktualisiertes Musterschreiben, wenn Ihr selbst über Eure Mobilität bestimmen wollt:

Musterschreiben Widerspruch unsolidarisches Semesterticket

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit widerspreche ich der Erhebung eines Pflichtbeitrages von 176,40 EUR für ein Deutschland-Semesterticket im Wintersemester 2024/25, und beantrage daher die Rückerstattung bzw. Befreiung hinsichtlich des Pflichtbeitrages.

Ein Pflichtbeitrag für den Personenverkehr kann nach dem Solidarmodell erhoben werden, wenn sich daraus eine deutlich günstigere Nutzungsmöglichkeit ergibt (BVerwG, 12.05.1999 – 6 C 14.98). Die Verwaltungsgerichte sind bislang beispielsweise davon ausgegangen, dass eine Preisersparnis von 64% oder 85% deutlich günstiger und der Pflichtbeitrag damit verhältnismäßig ist. Ob die hier erzielte Preisersparnis von gerade einmal 40% gegenüber einem deutschlandweit bei verschiedenen Unternehmen erhältlichen Deutschlandticket dafür ausreicht, kann bereits als fraglich betrachtet werden.

Hier in Leipzig stellt sich die Situation jedoch sogar deutlich schlechter dar. Für Inhaber des Leipzig-Passes ist ein monatlich kündbares Deutschlandticket für 29 EUR erhältlich. Anhand der aktuellsten Sozialerhebung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Hinblick auf die durchschnittlich verfügbaren monatlichen Einkommen und die ortsüblichen Mieten ist davon auszugehen, dass Studierende hier mehrheitlich einen Anspruch haben. Damit ergibt sich tatsächlich kein Vorteil, sondern ein Nachteil von 40 Cent monatlich gegenüber dem günstigsten konkurrierenden Nahverkehrsangebot durch die Erhebung des Pflichtbeitrages. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass durch eine Neuregelung der Anspruchsvoraussetzungen ein Teil der Studierenden ab Oktober 2024 keinen Leipzig-Pass mehr beantragen können. Eine Antragstellung ist bis September 2024 noch möglich, und berechtigt zum Bezug eines vergünstigten Deutschlandtickets für noch mindestens ein Jahr. Im Rahmen seiner Aufgabe zur wirtschaftlichen und sozialen Betreuung der Studierenden wäre das Studentenwerk dazu angehalten gewesen, Studierende auf die Möglichkeit der Ermäßigung und deren drohenden Wegfall hinzuweisen, damit diese rechtzeitig den Leipzig-Pass beantragen können. Soweit das Studentenwerk diese Information zurückgehalten hat und damit den Irrtum herbeigeführt oder aufrechterhalten hat, dass für das Deutschlandticket 49 EUR bezahlt werden müssten, so rechtfertigt dies nicht die zwangsweise Erhebung eines Beitrages für ein schlechter rabattiertes Ticket.

Ferner missachtet das Deutschland-Semesterticket die Aufgabe des Studentenwerks nach § 118 Abs. 4 Satz 2, wonach die Bedürfnisse von Studierenden mit Kindern besonders zu berücksichtigen sind. Im Gegensatz zum MDV-Semesterticket, das sogar zu einem günstigeren Preis erhältlich gewesen wäre, enthält das Deutschland-Semesterticket keine alltagstaugliche Kindermitnahme mehr. Eine Kindermitnahme enthalten auch die Deutschland-Semestertickets von anderen Studierendenschaften, die zuvor das MDV-Semesterticket genutzt hatten. Folglich ist davon auszugehen, dass eine Berücksichtigung der Bedürfnisse von Studierenden mit Kindern mit den vorhandenen finanziellen Mitteln möglich gewesen wäre, aber nicht stattfand. Damit liegt eine zweckwidrige Mittelverwendung vor.

Zudem widerspricht die Erhebung des Pflichtbeitrages der eigenen Begründung des Studentenwerks für das Solidarprinzip: “Davon profitieren alle Mitglieder der Solidargemeinschaft, in besonderem Maße jedoch die Studierenden, die mehr als andere auf die Inanspruchnahme sozialer Unterstützungsleistungen angewiesen sind.” ([1]) Das hier umgesetzte Modell verlangt von Studierenden, die mehr als andere auf die Inanspruchnahme sozialer Unterstützungsleistungen angewiesen sind, eine Zusatzbelastung von 40 Cent ohne Gegenleistung in Kauf zu nehmen, um diejenigen Studierenden profitieren zu lassen, die nicht auf die Inanspruchnahme sozialer Unterstützungsleistungen angewiesen sind. Studierende mit Kindern als weitere Gruppe mit mehr Unterstützungsbedarf wird ebenfalls nicht mehr unterstützt. Gleichfalls unzutreffend ist die ebenfalls dort zu findende Aussage: “Mehr Beitragsbefreiungen würden also zu einer Erhöhung des zu leistenden Beitrages pro Studierendem [...] führen.” Der Preis für das Deutschland-Semesterticket ist gesetzlich fixiert auf 60% des Deutschlandtickets zum Vollpreis, so dass eine Erhöhung des zu leistenden Beitrages nicht von den Regelungen des Studentenwerks abhängt. Ein Eingriff in die Handlungsfreiheit der Studierenden, hier geschehen durch einen hohen Pflichtbeitrag, erfordert jedoch eine Begründung. Da bisher gegebene Begründung hier nicht zutrifft, wäre es in jedem Falle erforderlich, dass die Pflicht zur Beitragszahlung für eine anderswo günstiger erhältliche Leistung nach verwaltungsrechtlichen Maßstäben begründet wird.

Letztlich ist der Pflichtbeitrag auch deswegen zu beanstanden, weil das Deutschland-Semesterticket als gegenüberstehende Leistung nur abhängig von einer Datenweitergabe an Verkehrsunternehmen erbracht werden kann. Diese Datenweitergabe ist ab 1. Januar 2025 auf Grundlage von § 15 Abs. 5 SächsHSG möglich. Bis dahin fehlt es noch an einer Rechtsgrundlage, da der Sächsische Landtag sich nicht auf ein früheres Inkrafttreten geeinigt hat. Damit wäre eine rechtskonforme Nutzung erst in der zweiten Hälfte des Semesters möglich. Für gezahlte Beiträge haben Studierende aber einen Anspruch auf eine rechtlich einwandfreie Leistung.

Nach alledem ist der Pflichtbeitrag für ein Deutschland-Semesterticket im Wintersemester weder ausreichend begründet noch verhältnismäßig, missachtet die Zweckbestimmung des Studentenwerks, und ermöglicht keine rechtlich einwandfreie Leistung. Er ist daher abzulehnen.

Mit freundlichen Grüßen

studierende Person

[1] https://www.studentenwerk-leipzig.de/solidarprinzip/

Und ab die Post

Das Ganze kann auch dieses Semester an das Rechnungswesen des Studentenwerks geschickt werden.

#usl #leipzig #deutschlandticket #semesterticket #solidarprinzip #datenschutz #studierenmitkind

tl;dr: Noch bis zum 30. September in ein Bürgerbüro gehen und den Leipzig-Pass abholen, um Vorteile zu sichern.

Ein Schattendasein unter den Vergünstigungsmöglichkeiten für Leipziger Studierende führt der Leipzig-Pass. Das Studentenwerk, das die Studierenden eigentlich fördern sollte, weist darauf nur ziemlich versteckt in einem Ratgeber für das Studium mit Kind hin. Er richtet sich nicht nur an Studierende, sondern allgemein an Personen mit geringem Einkommen. Traut man den letzten Erhebungen des BMBF zu studentischen Einkommen, dürfte aber die Mehrheit in Leipzig einen Anspruch darauf haben.

Dass die Möglichkeit so schlecht beworben ist, ist keineswegs verdient, da die Vergünstigungen häufig vorteilhafter sind als die, die man allein aufgrund des Studierendenstatus bekommt.

Leider hat die Stadt Leipzig zuletzt entschieden, Studierende in Zukunft außen vor zu lassen. Während zuvor einfach anhand der Einkommenshöhe bestimmt wurde, ob ein Leipzig-Pass ausgestellt wird, ganz unabhängig davon, welcher Art das Einkommen ist und welche Sozialleistungen ggf. bezogen werden, ist der Anspruch ab Oktober 2024 in den meisten Fällen an bestimmte Sozialleistungen geknüpft. BAföG bleibt hier außen vor, und damit wohl auch ein großer Teil der Studierenden.

Interessant dabei ist die Begründung. Die Stadt wurde beauftragt, u.a. eine Wiedereinführung eines Anspruchs für BAföG-Berechtigte zu prüfen. Die abschlägige Entscheidung wurde begründet mit “personellem Mehraufwand”, “finanziellem Mehraufwand” und “ggf. Auswirkungen auf die Gesamtfinanzierung des Semestertickets”. Dabei verwundert bereits der vermeintliche personelle und finanzielle Mehraufwand, denn bis Anfang dieses Jahres war es für die Stadt noch völlig selbstverständlich, dass auch Studierende einen Leipzig-Pass haben können. Ein “BAföG- beziehungsweise Berufsausbildungsbescheid” war hier sogar ausdrücklich als möglicher Nachweis genannt, den man vorlegen kann. Wieso das, was jahrelang funktionierte, nun plötzlich einen unzumutbaren Aufwand bedeuten sollte, geht aus dem Bericht nicht hervor.

Interessanter ist aber noch der Verweis auf die Auswirkungen auf die Gesamtfinanzierung des Semestertickets. Klassischerweise führte man Semestertickets dann ein, wenn es ansonsten nur wesentlich teurere Mobilitätsmöglichkeiten gibt, denn nur dann ist es gerechtfertigt, dass auch Studierende bezahlen müssen, die es überhaupt nicht wollen. Wenn aber die Stadt Leipzig eine Leistung, die eigentlich dafür da war, Menschen mit niedrigeren Einkommen bessere Teilhabe zu ermöglichen, gezielt den Studierenden entzieht, um die Finanzierung des Semestertickets zu erleichtern, dann driftet das Semesterticket in Richtung Selbstzweck, während die Studierenden zu bloßen Objekten degradiert werden, die dieses finanzieren sollen. Damit sie das auch tun, entzieht man ihnen notfalls an anderer Stelle Leistungen. Vielleicht auch ein Hinweis darauf, dass es nicht unbedingt vorteilhaft ist, dass in Leipzig im Gegensatz zu anderen Städten, in denen Studierendenvertretungen selbst solche Verträge abschließen, das Studentenwerk die Entscheidungen trifft. Eine echte Interessenvertretung wird hier schwierig, denn im Verwaltungsrat sitzt auch ein Vertreter der Stadt Leipzig. Und diese hat als Eigentümerin der Leipziger Verkehrsbetriebe zweifelsohne ein gewichtiges Eigeninteresse daran, ein Semesterticket finanziert zu sehen, wenn es sich als Großauftrag für eben dieses Verkehrsunternehmen darstellt.

Im Ergebnis auf jeden Fall ein Sachverhalt, mit dem sich der Stadtrat noch befassen sollte. Bis dahin bleibt aber noch die Möglichkeit, bis zum 30. September 2024 noch ein Bürgerbüro aufzusuchen und einen Leipzig-Pass zu beantragen, denn so lange gilt übergangsweise noch die bisherige einkommensabhängige Regelung für alle – auch für Studierende. Das ermöglicht zusätzliche Vergünstigungen und macht unabhängig vom Semesterticket. Bei einem Gültigkeitsbeginn ab September bleiben dafür immerhin noch 11 Monate. Vielleicht Zeit genug, um sich für zukünftig fairere Regelungen einzusetzen.

#semesterticket #usl #leipzig #lvb #boost

Die Landtagswahlen rücken näher, und gibt Gelegenheit, über Sinn und Unsinn der vielen Wahlkampfslogans nachzudenken, denen man unterwegs begegnet. Geradezu sozial wirkt es da auf den ersten Blick, wenn die “Alternative für Deutschland” von “Kitas kostenlos” oder “Schulessen kostenlos” schreibt.

Aber für wen ist das gedacht? Dass Essen in den letzten Jahren teurer geworden ist, hat wohl jeder gemerkt, und das ändert sich nicht, wenn es an der Schule gegessen werden soll. Und auch Kitas kosten im Betrieb Geld. Aber wer sich den Kitaplatz und das Schulessen nicht leisten kann, muss es bereits jetzt in Leipzig nicht bezahlen. Beim Schulessen z.B. so (Stichwort “Kinder- und Schülerspeisung”) und beim Kitaplatz so (Stichwort “Ermäßigung des Elternbeitrages”). Vor diesem Hintergrund wirkt es dann wenig sozial, würden doch nur diejenigen profitieren, die es sich leisten können, für die in Anspruch genommene Leistung auch zu bezahlen. Was bliebt, ist dann bloßer Populismus.

Doch irgendwoher kommt es bekannt vor, eine Leistung als Vorteil für die wirtschaftlich schwächeren darzustellen, obwohl in Wahrheit nur die mit höherem Einkommen profitieren. So verkündete die Geschäftsführerin des Studentenwerk Leipzig Anfang 2024 zum Semesterticket: “Unsere Studierenden können dann zum Preis von 29,40 Euro im Monat bundesweit im Geltungsbereich des Deutschlandtickets fahren.” (leider hinter einer Paywall). Was dabei tunlichst ungesagt blieb: Bereits ab Januar 2024 konnten alle, die sich 49 Euro für das Deutschlandticket nicht leisten konnten, dieses für 29 Euro erhalten. Also wiederum eine Leistung, die vollmundig als Einsatz für Studierende mit klammem Geldbeutel angepriesen wurde, aber nur den Zweck hatte, einen Rabatt für die zu erzielen, die ihn überhaupt nicht brauchen.

Gedanken dazu:

  1. Auch mal hinterfragen, wem wohlklingende Vorhaben wirklich nützen.

  2. Am Sonntag ist Landtagswahl, da sind wir alle gefragt, den landesweiten Populismus zu verhindern.

  3. In der Hochschulpolitik ist es genauso. Nur schwieriger, da Studierende z.B. beim Studentenwerk nur paritätisch vertreten sind. Knickt auch nur eine Person davon ein, können Maßnahmen, die den Studierenden bei genauerer Betrachtung nicht viel nützen, nicht verhindert werden.

#usl #leipzig #afd #hochschulpolitik #sozialstaat #studentenwerk

Nachdem zuletzt überraschend die zuvor nach dem Juni 2022 nicht mehr veröffentlichten Protokolle des Semesterticketausschusses doch noch veröffentlicht wurden, zeigt sich: Das könnte ein kleiner Erfolg des Sächsischen Transparenzgesetzes sein. Folgender Verwaltungsakt des Studentenwerks wurde zur Verfügung gestellt:

Bescheid Seite 1

Bescheid Seite 2

Bescheid Seite 3

Dem ist zu entnehmen, dass das Studentenwerk seine Transparenzpflicht durch Bereitstellung der Protokolle erfüllt. Zwar waren die Ergebnisse der Sitzungen wegen § 6 der Geschäftsordnung des Semesterticketausschusses ohnehin zu veröffentlichen, aber da das seit dem Beginn der öffentlichen Debatte über das Deutschlandticket im Jahr 2023 trotzdem nicht mehr geschehen ist, darf man schlussfolgern, dass erst durch einen Transparenzantrag wieder der Zugriff auf die Protokolle ermöglicht wurde.

Leider sieht man zugleich, dass das Studentenwerk sich ansonsten gegen jegliche Transparenz verwehrt. Obwohl viele Fragen offen bleiben dazu, wie es zu verschiedenen Nachteilen beim Deutschlandsemesterticket, aber auch beim vorherigen Deutschlandticketupgrade kam, obwohl eigentlich eine starke studentische Beteiligung vorgesehen ist, bleiben die Absprachen zwischen Studentenwerk und Verkehrsunternehmen größtenteils intransparent. Unklar bleibt auch, ob man manche Probleme hätte vermeiden können, wenn man verschiedene Verkehrsunternehmen miteinbezogen hätte, wie an anderen Hochschulen auch geschehen.

Ihr habt noch weitere Informationen zu diesen Themen? Dann gerne Teilen mit Hashtag #usl oder per Mention @[email protected] im Fediverse. Funktionierende Demokratie braucht Transparenz.

#semesterticket #hochschulpolitik #leipzig #transparenz

Wir erinnern uns: Zuletzt sah es so aus, als habe der Semesterticketausschuss zuletzt 2022 getagt. Zwischenzeitlich wurden tatsächlich sechs Protokolle aus den Jahren 2023 und 2024 veröffentlicht. Vor dem Hintergrund der studentischen Mitbestimmung und Interessenvertretung ist es natürlich fragwürdig, wenn man von Entscheidungen erst erfährt, wenn sie zum Teil sogar schon überholt sind, aber immerhin wird wenigstens nachträglich etwas Transparenz geschaffen.

Pro-Tipp: Bis zu 4 Wochen nach Bekanntgabe kann gegen die Entscheidungen Widerspruch eingelegt werden, und zum 28. Mai 2024 waren die Beschlüsse noch nicht bekanntgegeben. Wer also Nachteile durch einen der Beschlüsse aus den Jahren 2023 oder 2024 hat, könnte in den nächsten Tagen noch widersprechen.

#usl #semesterticket #leipzig #hochschulpolitik #transparenz

Während sich an einigen Hochschulen, die ihr Semesterticket auf das Deutschlandticket umgestellt haben, die Studierenden zu Recht wundern, wieso sie eine (oft dazu nur in App-Stores von Konzernen in Drittstaaten verfügbare) Smartphone-App installieren müssen, obwohl die Hochschule schon vorher eine Campus-Karte nach dem eTicket-Standard der VDV bereitstellte, die man dafür einfach hätte nutzen können, kommt an der Uni Leipzig der Digitalzwang tatsächlich erstmals durch das Deutschlandticket:

Die bisher gängigen Semestertickets (MDV-Semesterticket, vorher auch einmal LVB-Sockelticket) konnten einfach per Sichtkontrolle mit der Campus-Karte überprüft werden. Nichts musste gescannt oder eingelesen werden. Insofern ist es hier ein Novum, dass das Semesterticket, das immerhin den Bärenanteil des semesterweise zu bezahlenden Beitrags umfasst, nur noch genutzt werden kann, wenn man auch in zusätzliche Datenverarbeitungen “einwilligt”.

Ist das kleinlich? Die Frage kann man sich in Zeiten, in denen z.B. die elektronische Gesundheitskarte zeigt, dass medizinische Versorgung auch an Datenverarbeitung gekoppelt wird, natürlich stellen. Trotzdem scheint es bei manchen Detailfragen, als ob man sich über die Folgen jedenfalls nicht wirklich Gedanken gemacht hat:

So hatte sich die Hochschule erst 2021 insoweit zur Selbstbestimmung bekannt, dass auch vor dem Durchlaufen des oftmals bürokratischen Prozesses zur amtlichen Namensänderung der von Studierenden gewünschte Name bereits im Hochschulkontext geführt werden kann und daher auch auf die Campus-Karte gedruckt werden kann. Studierende waren jedenfalls im Hochschulkontext nicht mehr dazu gezwungen, einen Namen, mit dem sie sich nicht (mehr) identifizieren, weiter führen und preisgeben zu müssen. Mit dem zwingend digitalen Deutschlandticket ist damit nun jedenfalls auf dem Weg zur Hochschule Schluss. Der Vertragspartner, den sich das Studentenwerk ausgesucht hat, verlangt zwingend eine Verknüpfung mit dem amtlichen Namen auf dem Ausweisdokument, der auch z.B. in der ausgegebenen Chipkarte gespeichert wird und bei Kontrollen dann abgeglichen werden kann. Für die Personen, die auf die von der Hochschule gewährleistete Selbstbestimmung Wert gelegt haben, insofern ein Rückschritt. Und da es Personen gibt, die sich in Zeiten von Ungereimtheiten beim universitären Identitätsmanagement im Zusammenhang mit Namensänderungen davor gescheut haben, entsprechende digitale Dienste der Hochschule zu nutzen, da dann ein Name an Dritte preisgegeben worden wäre, den sie nicht (mehr) führen möchten, stellt sich die Frage, wie diese nun mit dem neuen Semesterticket umgehen sollen, bzw. ob die Nutzung des Nahverkehrs für diese noch zumutbar ist.

Zudem dürfte es in der Praxis mitunter schwierig sein, Betroffenenrechte geltend zu machen, wenn man z.B. den Überblick darüber behalten möchte, was mit den personenbezogenen Daten bei einer Fahrausweiskontrolle geschieht. Jedenfalls sieht man es in der Praxis eher selten, dass Personen, die Fahrausweiskontrollen durchführen, vorher die für den Datenschutz verantwortliche Person benennen. Im Gegenteil beobachtet man hier eher zeitlich gedrängtes Vorgehen, und Personal, das eher genervt denn hilfsbereit reagiert, wenn man solche Fragen vorab klären möchte.

Solange man das Deutschlandticket als Maßstab nimmt, mag all dies normal erscheinen, da die digitale Umsetzung hier Vorgabe der Bundesregierung war. Bezogen auf das Semesterticket und dessen ursprünglichen Zweck, Mobilität im Hochschulalltag zu sichern, sieht es aber anders aus. Hier kann man sich durchaus die Frage stellen, was das mit Datensparsamkeit zu tun hat, da der Zweck auch vom MDV-Semesterticket ganz ohne undurchsichtige Datenverarbeitung erfüllt wurde.

#usl #leipzig #deutschlandticket #semesterticket #datenschutz #selbstbestimmung

So wie es aussieht, hat die Pixelfed-Instanz pixey.org kommentarlos unser Konto @[email protected] gelöscht, so dass unsere Bilder derzeit nicht bereitgestellt werden. Wer über einen anderen Fediverse-Server folgt, kann sie möglicherweise noch im Cache sehen.

Das ist natürlich nicht gerade das Maß an Zuverlässigkeit, was man sich wünscht. Wer eine zuverlässigere Instanz kennt, die auch Flyer und/oder politisches Material gestattet, gerne melden!

#usl #hochschulpolitik #pixey #pixelfed

Neben den bereits angesprochenen Problemen mit dem neuen Leipziger Semesterticket wurden im Fediverse zuletzt weitere Gesichtspunkte diskutiert. Insbesondere gehen mit dem neuen Semesterticket deutliche Nachteile für Studierende mit Kindern einher.

Während bisher bis zu drei Kinder unter vierzehn Jahren im Stadtgebiet mitgenommen werden konnten, fällt die Möglichkeit ab dem Sommersemester komplett weg. Es bleibt bei der kostenfreien Beförderung von Kindern unter sechs Jahren, aber das ist keine Errungenschaft des Semestertickets. Diese werden ohnehin von nahezu allen öffentlichen Nahverkehrsunternehmen kostenfrei befördert. Für ältere Kinder kann man sich auf eigene Kosten einen Mitnahmebaustein buchen, der aber nur bei flüchtiger Betrachtung nützlich ist, da er nur ab 17 Uhr und am Wochenende gültig ist. Damit ist er nahezu unbrauchbar nicht nur für naheliegende Wege wie den Schulweg, sondern auch für die Nutzung verschiedener Angebote, die im Hochschulzusammenhang bisher speziell für Kinder von Studierenden vorgesehen waren, so etwa die Speisenversorgung in den Mensen oder die Teilnahme am Hochschulsport. Fragt man beim Studentenwerk nach, wird man darauf verwiesen, dass man bei den Verkehrsbetrieben das Bildungsticket buchen kann. Das bedeutet Kosten von 15 EUR pro Monat und Kind, und erfordert eine Abo-Bindung von mindestens einem Jahr. Will man die nicht, muss man wiederum auf teurere Angebote zurückgreifen.

Man könnte sich jetzt fragen, wie das übersehen werden konnte, nachdem der Hochschulstandort Leipzig bisher als familienfreundlich galt. Erst am 26. September 2023 hatte der Studierendenrat sich laut Beschlussdatenbank unter anderem dafür ausgesprochen, dass die zusätzlichen Vorteile bestehender Semestertickets erhalten bleiben sollten. Klarheit bringt ein Blick ins Protokoll (leider nur hochschulöffentlich). Hier wurde ausdrücklich nach den bisherigen Vorteilen gefragt. Eine Person aus dem Mobilitätsreferat sprach hierzu von “vernachlässigbaren Änderungen”, worauf die Änderung dann ohne weitere Diskussion über die Kindermitnahme beschlossen wurde.

Aber was bedeutet in diesem Zusammenhang “vernachlässigbar”? Um die finanzielle Belastung der betroffenen Studierenden wird es hier wohl nicht gegangen sein, denn diese steigt (bei Bereitschaft zur einjährigen Vertragsbindung) von monatlich bisher 29,14 EUR auf bis zu 74,40 EUR, wenn man die gleichen Möglichkeiten nutzen können will. Naheliegender scheint hier die Folgerung, dass die Person damit ausdrücken wollte, dass sie die Studierenden mit Kindern für eine vernachlässigbare Personengruppe hält.

Während also der Studierendenrat Auslese betreibt, hier als Gegenmodell:

*Kein Mensch ist vernachlässigbar* Kein Mensch ist vernachlässigbar

Dies auch als Zeichen der Solidarität mit den Studierenden in Berlin. Hier hat die Studierendenvertretung ebenfalls entschieden, eine Minderheit zu opfern, die man womöglich für “vernachlässigbar” hielt: Promovierende erhalten hier plötzlich kein Semesterticket mehr, und sollen je nach Hochschule zunächst trotzdem dafür bezahlen.

Es ist nicht zielführend, hier die Verantwortung bei den Verkehrsunternehmen zu suchen. Letztlich liegt es bei der Studierendenvertretung oder dem Studierendenwerk, solche Verträge zu unterzeichnen, oder aber den Verkehrsunternehmen zu signalisieren, dass das erst in Frage kommt, wenn die Bedingungen den Bedürfnissen der Studierendenschaft entsprechen.

Als Studierende mit Kindern, die aus Sicht ihrer sogenannten Studierendenvertretung als “vernachlässigbar” betrachtet werden und die daher nicht damit rechnen können, bei Entscheidungen berücksichtigt zu werden, bleibt derzeit nur die Möglichkeit, auf anderem Wege darauf hinzuwirken, dass ein Umdenken stattfindet. Dazu kann Widerspruch eingelegt werden mit dem bereits bereitgestellten Musterschreiben, auch wenn dies noch nicht die fehlende Berücksichtigung der Studierenden mit Kindern problematisiert. Ggf. kann in Zukunft auch noch ein Musterschreiben bereitgestellt werden, das auch auf dieses Problem eingeht (Textvorschläge willkommen).

Update 29. September: Ein aktualisiertes Musterschreiben ist online

#usl #semesterticket #leipzig #berlin #solidarität #studierenmitkind

Wer auf die Probleme mit dem neuen Semesterticket aufmerksam machen will, kann dies auch mit diesen Flyern tun:

nicht günstiger

kein Vorteil

mit Kindern benachteiligt

intransparent

#usl #leipzig #semesterticket #boost

...oder dem Fehlen derselben ist möglich!

Anlässlich des letzten Beitrages wurden einige interessante Gesichtspunkte im Fediverse andiskutiert. Das ist erfreulich, den mehr Perspektiven helfen, solche Sachverhalte besser einzuordnen.

Daher (jetzt und in Zukunft): Alle, die mitlesen, sind natürlich herzlich eingeladen, ihre Gedanken dazu zu teilen. Z.B. per Hashtag #usl im Fediverse.

#usl #leipzig #hochschulpolitik